„ROSA ALLEIN GENÜGT NICHT!“
„Das war 2005, als ich mit Bernd Kullmann, unserem heutigen Geschäftsführer, über Rucksäcke, speziell für Frauen sprach. Keiner von uns ahnte, welche Dimension dieses Thema für deuter bekommen würde! Wir hatten zu dieser Zeit einige Rucksäcke in S und SL Versionen. Diese „Slim Line“ Modelle waren besonders: Aircontact-Rücken, Hüft- und Schultergurte – alles war auf die Anatomie kleinerer und schmälerer Personen hin optimiert. Aus diesen „versteckten“ Rucksäcken für Frauen sollte eine echte Damen-Linie entstehen. Zumal es bei deuter mit dem „Damen Tauern Rucksack“ von 1959 schon eine gewisse Tradition dafür gab.
Also saß ich bei Bernd Kullmann im Büro. Seine Idee war, dass ich zusammen mit unserer Outdoor-erfahrenen Grafikerin Sibylle Manger eine Frauenrunde gründen sollte. Schließlich hatten wir unsere gesamte Rucksackpalette gemeinsam mit jeweiligen Spezialisten entwickelt. Mein Auftrag lautet also: „Such Dir ein paar Mädels, teste die „S“-Rucksäcke, mach noch ein paar rosa und dann haben wir eine Damenkollektion.“ „Alles ganz easy“, dachte also auch ich und schritt zur Tat. Wir baten Gerlinde Kaltenbrunner um ihre Mitarbeit, um unsere Neuentwicklungen unter extremen Bedingungen zu testen. Komplettiert wurde die Runde durch sportlich aktive, bergsteigende, kletternde oder radelnde Frauen: Die Ehefrau eines Kollegen, eine Freundin, eine Sportfachverkäuferin und Mitarbeiterinnen unseres Hauses.
Wir trafen uns, um die „S“-Rucksackmodelle zu testen und mit einigen neuen Modellen eine schlüssige Kollektion zu erstellen. Aber schnell war klar: So einfach funktioniert das nicht! Kein einziger Rucksack passte den Frauen! Die bestehenden SL-Rucksäcke machten mit ihrer Passform deutlich, dass bisher nur Männer im Entwicklungsteam waren. Die Träger waren zwar schön breit gepolstert, rutschten dafür aber immer von den schmalen Frauenschultern. An den Hüftflossen konnte man bequem eine Trinkflasche zwischen Hüften und Flossen einstecken – hat auch was praktisches, aber nichts bequemes. Und bei den größeren Flossen drückte die untere Kante auf die Hüften – sehr angenehm bei 5 Stunden Bergtour und viel Material ...
Was war da los? Waren wir alle so unproportioniert oder lag es an den Rucksäcken? Mit Hilfe einiger Statistiken zur weiblichen Anatomie und unseres Entwicklers Steve Buffinton wagten wir uns an die Rucksäcke, steckten Nadeln und Bänder hin- und her, formulierten Wünsche: Die Träger müssen kürzer und schmaler, der Hüftgurt konisch angebracht werden und der Brustgurt muss oberhalb der Brust sitzen. Auf einmal war aus dem schnellen Rosa-Färben eine neue Lebensaufgabe entstanden! Tatsache, die Frage nach der Farbe war zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise ein Thema, gefragt war nur: Passform, Passform, Passform. Und da war uns klar: Die muss komplett überarbeitet werden. Schließlich war aus der flotten Angelegenheit der Plan zu einer kleinen Revolution gewachsen: Endlich sollten die Frauen nicht mehr die abgelegten Rucksäcke ihrer Partner tragen, sondern sich frei entscheiden und selbst einen für sie geeigneten auswählen können.
Ganz so schnell ging das freilich nicht: Es waren schon noch ein paar Testmodelle und Meetings nötig, bis wir fanden, unsere Frauen-Rucksäcke können nun an den Start. Doch wie sollten die Frauen denn die für sie gedachten Rucksäcke im Geschäft erkennen? Also gab es wieder ein Meeting und ich erzählte meinen Teamkolleginnen meine Geschichte vom Einkaufen: Ich hatte nämlich ein sehr teures Waschmittel mitgenommen, nur weil eine kleine Handcrème als Geschenk dabei war. Daheim angekommen, hatte ich mich erst geärgert, war dann aber auf eine Idee gekommen: Unsere Rucksäcke brauchen einen Zusatz, etwas Schönes, was Spaß macht und die Frauen schon beim ersten Blick freut. Nach langer Diskussion waren wir uns einig: Eine Blume!
„DOCH DAS WAR NICHT UNSERE EINZIGE HERAUSFORDERUNG, BEVOR DIE RUCKSÄCKE IN DEN HANDEL GEHEN KONNTEN.“
Schließlich sind diese Modelle ja auch passend für zierliche, kleinere Männer mit schmaleren Schultern. Für sie ergriffen unsere Außendienst-Mitarbeiter vehement Partei: Sie sollten auf keinen Fall abgeschreckt werden, indem auf den Rucksäcken etwas von Frauen oder Damen steht. Eine neutrale abnehmbare Kennzeichnung musste es also sein. Und so heißen dieses Rucksäcke nun SL: Slim Line, was so viel bedeutet, wie schmaler geschnitten. Das optische Erkennungszeichen sollte die Blume sein. Und so machten wir einen Testlauf: Sibylle gestaltete Papierblumen für die Rucksäcke und so stellten wir sie eine Woche lang zu Sport Schuster in München. Es lief überraschend gut: Die Frauen fühlten sich angesprochen und wollten mehr von den Rucksäcken wissen: Warum ist da eine Blume dran? Ist das was für Frauen? Passt der denn den Frauen wirklich besser? Und was ist daran neu?
Der durchschlagende Erfolg kam dann bei der Vorstellung auf der Outdoor-Messe 2006. Da waren sie also, unsere Rucksäcke mit der speziell auf den weiblichen Körper abgestimmten Passform: mit näher beieinander liegenden, schmäleren Schulterträgern, konischer Hüftflosse, verstellbarem, weiter oben angebrachtem Brustgurt und kürzerem Rücken. Erkennbar durch die gelbe Lilie, die Sibylle mittlerweile zu einem abnehmbaren Haargummi perfektioniert hatte.
Sechs Jahre sind seitdem vergangen. Unsere SL-Rucksäcke haben einen großen Stellenwert bei deuter erreicht. Mittlerweile produzieren wir auch Schlafsackmodelle, speziell für Frauen. Diese sind kürzer geschnitten und haben ein wärmendes Fleecefutter an Fuß- und Nierenbereich. Aus unserer anfänglichen Frauenrunde ist ein festes Team entstanden. Vier bis sechsmal im Jahr trifft sich das SL-Team, um den Markt zu beobachten, die neuesten Entwicklungen kritisch zu hinterfragen, um weiter dem Zeitgeist gerecht zu werden. 12 Frauen sind es nun, darunter sind auch die beiden 8000er Bergsteigerinnen Gerlinde Kaltenbrunner und Gaby Hupfauer. Sie alle testen unsere Rucksäcke in ihrem Alltag, am Berg oder auf dem Bike. Klar, dass die SL- Rucksäcke jetzt Frauen perfekt passen und deuter mittlerweile die weltweit größte Auswahl an Rucksäcken für Outdoor-Sportlerinnen am Markt bietet.